RECYCLING MEDEA

A film by Asteris Kutulas • Music by Mikis Theodorakis • Choreography by Renato Zanella
cfp award

Anne Frank

Anne Frank wurde am 12. Juni 1929 in Frankfurt am Main geboren. 1934 befanden sie, ihre Eltern und ihre Schwester sich bereits im Amsterdamer Exil, um sich vor der in Deutschland drohenden Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten in Sicherheit zu bringen. Nach der Besetzung der Niederlande durch die deutsche Wehrmacht gab es aber auch dort keinen Schutz mehr. Um der Deportation in die Vernichtungslager zu entgehen, tauchte die Familie Frank am 6. Juli 1942 in einem Versteck im Hinterhaus der Amsterdamer Prinsengracht 263 unter. Später kamen noch vier weitere Personen hinzu. Über zwei Jahre hindurch wurden die Versteckten von wenigen Eingeweihten mit Nahrung, Kleidung und Lektüre versorgt.
Am 12. Juni 1942 hatte Anne Frank zu ihrem 13. Geburtstag ein Tagebuch geschenkt bekommen. Sie führte es bis zum 1. August 1944. Anfang August 1944 flog das Versteck auf. Am 4. August 1944 wurden alle Untergetauchten verhaftet. Es folgte die Deportation, zunächst nach Auschwitz. Anne Frank und ihre Schwester wurden am 30. Oktober 1944 nach Bergen-Belsen verschleppt. Ende Februar/Anfang März 1945 starben die 15jährige Anne und ihre ältere Schwester im Lager, zwei Monate vor der Befreiung Hollands.
Anne Franks Tagebuch wurde nach dem 4. August 1944 im von der Gestapo ausgeraubten Amsterdamer „Hinterhaus“ zwischen alten Büchern, Zeitungen und Zeitschriften von den Vertrauten Miep und Elli gefunden. Die Aufzeichnungen geben einen erschütternden Eindruck vom Alltag der Eingeschlossenen und von den Gedanken, Ängsten und Hoffnungen, die Anne Frank während der Zeit dieser extremen Isolation bewegt hatten.

————————————————————————-

Einige Worte zu Anne Frank und dem Film “Recycling Medea”

Anne Frank ist für mich ein Symbol der Unschuld, die zerstört wird. Oder anders ausgedrückt: ein Symbol für Menschlichkeit, schöpferische Kreativität. Mit der Erinnerung an ein beispielhaftes Schicksal wie das von Anne Frank geben wir dem Film eine historische Dimension, die über den “privaten Rahmen” – die Mutter tötet ihre eigenen Kinder -, aber auch über den “politischen” – Griechenland tötet seine Kinder – weit hinausgeht. Obgleich jede Elterngeneration die Chance hat zu erkennen, dass die unschuldigen Heranwachsenden, dass selbst die eigenen Kinder immer wieder zu Opfern brutal ausgetragener, eskalierender Konflikte werden, werden die Mittel des Krieges gewählt und das Band des Lebens durchtrennt, das jeden Einzelnen vom Beginn der Existenz an bis in diese Zeit getragen hat. Mit jedem gemordeten Menschen erlischt das Lebenslicht, das vor ihm immer wieder an einen Nächsten weitergegeben wurde.
In Euripides Tragödie, in Theodorakis’ Musik ist diese humanistische Dimension angelegt, die sich auch im Tagebuch-Dokument der vierzehnjährigen Anne Frank, in dieser geretteten Hinterlassenschaft, widerspiegelt. Dieses Tagebuch gestattet uns eine konkrete Erfahrung dessen, was Auschwitz als der zum Inbegriff gewordene Ort der totalen Verleugnung des Lebens bedeutete. “Auschwitz” ist das “schrecklichste” Inhumane, was bislang passiert ist – weil es eine “industrialisierte” Zerstörung von Leben aus rassistischen Gründen symbolisiert – und ich bin davon überzeugt, dass wir immer wieder daran erinnern müssen, damit es nicht nochmal passiert. Jedes Jahr könnte wieder das Jahr “1933” werden.
Der Medea-Stoff ist seit Euripides hunderte Male behandelt worden, in Musik und Literatur, aber wir sind die ersten, die dabei die Opfer, die Kinder/Jugendlichen, in den Mittelpunkt rücken. Und das spannende besteht darin, dass die Anne-Frank-Texte in ihrer naiven Nachdenklichkeit – untermalt von diesen Theodorakis-Arien der Medea, die sich an ihre Kinder wendet, bevor sie sie umbringt – eine unglaublich starke Emotionalität und Klarheit ausstrahlen: das Inhumane hat sicherlich zu jeder Zeit ein anderes Gesicht, aber es bedroht stets die menschliche Würde und die menschliche Existenz. Wir wollten mit diesem Film Anne Frank ein Denkmal errichten, und jeder jungen Generation, die in Kriegen, Elend und Armut verheizt wurden.

Asteris Kutulas, November 2012

  • Folgen
  • foto © Ina Kutulas